Ijon Tichy: Raumpilot ist eine deutsche Science-Fiction-Satire-Fernsehserie von Randa Chahoud, Dennis Jacobsen und Oliver Jahn, die auf einer freien Bearbeitung von Stanisław Lems Geschichtensammlung Sterntagebücher basiert. Das Trio verfasst die Drehbücher und führt Regie, Jahn spielt außerdem den Titelhelden Ijon Tichy. Die weibliche Hauptrolle ist mit Nora Tschirner besetzt.
Handlung
Ijon Tichy erlebt auf seinen Flügen durch das Universum skurrile Abenteuer. Begleitet wird er von seiner „Analogen Halluzinelle“, die er in der ersten Folge fertigstellt. Mit pseudo-osteuropäischem Akzent führt Tichy als Erzähler den Zuschauer durch eine bunte, trashige Welt voller Genrezitate und aberwitziger Einfälle.
Die erste Staffel besteht aus einzelnen, weitgehend voneinander unabhängigen Abenteuern. Die Episoden der zweiten Staffel sind durch eine Rahmenhandlung – Tichy versucht zum Eierplaneten Eggmann zu gelangen, woran er durch je ein Abenteuer gehindert wird –, weitere Charaktere und Rückbezüge miteinander verwoben.
In der ersten Staffel sind Folge 1 und 2 von der Vierzehnten Reise in Lems Sterntagebüchern inspiriert, Folge 3 von der Siebten Reise (deren letzter Absatz als running gag am Ende jeder Folge vom Erzähler wiederholt wird), Folge 4 von der Achten Reise (mit Lems Roman Der futurologische Kongress hat sie nur den Titel gemein).
Charaktere
Ijon Tichy
Ijon Tichy ist Raumpilot, Entdecker, Diplomat und selbsternannter „Held von Kosmos“, der ohne klaren Auftrag durch das Weltall fliegt und dabei Abenteuer erlebt. Einen gewissen technischen Sachverstand hat er durchaus, vor allem aber ein großes Ego. Er verhält sich oftmals wie ein großes Kind, selbstüberschätzend und trotzig. Bei Konflikten beharrt er stur auf seiner Meinung und ist meist unwillig, Fakten gelten zu lassen oder Verdienste anderer anzuerkennen. Dadurch steht er sich oft selbst im Weg, vor allem wenn er beispielsweise (in der Folge Relativistische Effekte) durch eine Zeitschleife auf sich selbst trifft.
Tichy legt keinen Wert auf gepflegte Erscheinung, da er ja im gesamten Kosmos zu Hause ist. In seiner Rakete trägt er meist Unterhemd und Trainingshosen, gelegentlich sogar nur Unterwäsche, und wirkt ständig unausgeschlafen und missmutig. Er ernährt sich hauptsächlich von Eierspeisen.
Analoge Halluzinelle
Die Analoge Halluzinelle ist eine holografische Assistentin, deren technisches Subsystem sich in Tichys Geschirrspülmaschine befindet. Anfangs wird sie mit einer TV-Zimmerantenne projiziert und kann nur im Innenraum der Rakete existieren, später bewegt sie sich ebenso selbständig wie Tichy. Ihre Erscheinung wird in der Serie durch Interlacing dargestellt und wirkt semi-transparent und technisch ungenau.
Sie wurde von Tichy konstruiert, um ihm Gesellschaft zu leisten und lästige Arbeiten abzunehmen. Allerdings hat sie ihren eigenen Kopf, ist ebenso stur wie ihr Erbauer und nimmt dem großen Kind Tichy gegenüber gern die mäßigende, sanft zurechtweisende Mutterrolle ein. Das führt immer wieder zu Spannungen zwischen den beiden. Meist erweist sie sich als gewitzter und kann dadurch ein verfahrenes Abenteuer zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.
Während der gesamten Zeit kämpft sie um Anerkennung, was ihr am Ende beider Staffeln auch jeweils gelingt.
Professor Tarantoga
Professor Tarantoga ist ein Wissenschaftler am Institut der Kosmischen Enzyklopädie und ein begnadeter Erfinder. So hat er etwa eine gewaltige Kanone erfunden, mit der er eine Ursuppe ins Nichts schießt, um so die Zerstörung des Universums zu verhindern. Auch die Biste-Fix Zeitblasen wurden von ihm erfunden, mit denen man in Sekundenschnelle in die Zukunft reisen kann. Allerdings ist er recht hilflos, sobald er sich in einer gefährlichen Situation befindet.
Anders als in den Sterntagebüchern ist Tarantoga hier nicht Tichys Freund, der ihn auf Entdeckungsreise schickt, sondern bildet eher einen Gegenpart zu ihm. Dies wird oft durch die bewusst falsche Aussprache von Tichys Namen deutlich, mit der Tarantoga seine Geringschätzung für ihn offen zeigt.
Mel
Mel ist Tarantogas Assistent und hilft diesem bei seinen Erfindungen. Da er nicht weiß, zu welcher Spezies er gehört oder von welchem Planeten er stammt, möchte er gerne den Kosmos bereisen, um seine Herkunft festzustellen. Als Tichy zur Rettung des Universums bei Tarantoga landet, schleicht sich Mel als blinder Passagier an Bord von Tichys Rakete und begleitet ihn die gesamte zweite Staffel hindurch. Am Ende stellt sich heraus, dass Mel eine Kreuzung zwischen einem Hund und Tarantogas Arm ist.
Doktor Spamy
Der aufdringliche Prozytianer Doktor Miroslav Spamy ist ausgesprochen fettleibig, hat einen kurzen Rüssel als Mund und trägt eine Farbanaglyphbrille. Tichy lernt ihn in der 1. Staffel auf einem Kongress für Robotertechnik kennen, auf dem er die Analoge Halluzinelle als große Erfindung präsentieren möchte. Dies wird von ihr erfolgreich sabotiert, seitdem hält Spamy die Halluzinelle für Tichys Frau. Als Tichy in der 2. Staffel erneut am Planeten Prozytien vorbeifliegt, inszeniert die Halluzinelle ihre Entführung durch Spamy, damit Tichy ihr wieder mehr Aufmerksamkeit schenkt.
Später arbeitet Spamy eine Zeit lang in Tarantogas Labor als Ersatz für dessen verschwundenen Assistenten Mel.
Produktion
Die Fernsehserie beruht auf Themen und Motiven aus Stanisław Lems Sterntagebüchern und weiteren Werken dieses Autors um die Hauptfigur Ijon Tichy. Aus diesem Material entwickelten Randa Chahoud, Dennis Jacobsen und Oliver Jahn, Kommilitonen an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb), die beiden Kurzfilme Aus den Sterntagebüchern des Ijon Tichy (1999) und Aus den Sterntagebüchern des Ijon Tichy II (2000). Der erste Teil gewann unter anderem 1999 auf dem Internationalen Kurzfilm-Festival Hamburg den Publikumspreis. 2005 gründeten Chahoud, Jacobsen und Jahn das Produktionsunternehmen Kosmische Kollegen. Dieses realisierte gemeinsam mit Karsten Aurich von Sabotage Films als Ko-Produzenten und der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) die Fernsehserie für das ZDF.
Ausstattung
Tichys „Rakete“ (wie er sein Raumschiff selbst nennt) sieht von außen aus wie eine Pressstempelkanne mit Fenstern, von innen wie eine Berliner Altbauwohnung, durch deren Tür man problemlos nach außen gelangt. Der Satirecharakter der Serie wird auch darin deutlich, wie hochtechnische Funktionen von einfachen Retro-Gegenständen repräsentiert werden, etwa Haushaltsgeräten aus den 1980er- und 1990er-Jahren. Das „Cockpit“ besteht aus wild aufeinandergestapelten elektronischen Geräten mit einem alten Türschloss als Hauptbedienelement, vor dem Tichy im Strandstuhl liegt. Die „Bücherhalle“, in der Tichy sich oft Informationen besorgt, wird von einigen alten Büchern in einem Regal gebildet.
Außerirdische sind mit bewusst einfachen Mitteln skurril und charaktervoll gestaltet, einige haben beispielsweise Lampenschirme als Köpfe.
Die erste Staffel wurde in Oliver Jahns tatsächlicher Wohnung gedreht. Da diese beim Dreh der zweiten Staffel nicht mehr verfügbar war (Jahn war umgezogen und die Wohnung renoviert worden), wurde sie im Studio nachgebaut.
Ausstrahlung
Die erste Staffel wurde erstmals ab dem 26. März 2007 immer montags gegen 23:55 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Jede Folge wurde schon eine Woche zuvor in der ZDFmediathek online bereitgestellt. Die zweite Staffel wurde im November bzw. Dezember 2011 auf ZDFneo und dem ZDF ausgestrahlt. Laut eigener Aussage wünscht sich Regisseur Dennis Jacobsen für die Zukunft eine Fortsetzung in Form eines Kinofilms.
Episodenliste
Staffel 1
Die erste Staffel besteht aus sechs Episoden mit einer Länge von jeweils rund 15 Minuten. Diese wurden erstmals vom ZDF zwischen dem 26. März und dem 7. Mai 2007 ausgestrahlt.
Staffel 2
Die zweite Staffel besteht aus acht Episoden mit einer Länge von jeweils rund 25 Minuten. Die Erstausstrahlung fand zwischen dem 4. und 25. November 2011 auf ZDFneo statt.
Auszeichnungen
- 2007 – Deutscher Fernsehpreis: Förderpreis/Regie für Randa Chahoud, Dennis Jacobsen und Oliver Jahn
- 2007 – nominiert für den First Steps Award
- 2008 – World Bronzemedaille beim New York Broadcasting Festival
- 2008 – nominiert für den Adolf-Grimme-Preis
- 2012 – nominiert für den Grimme-Preis 2012 im Wettbewerbskontingent Fiktion/Serien & Mehrteiler
- 2012 – Curt-Siodmak-Preis als Beste Science-Fiction-Serie und Sonderpreis für deutsche Produktionen
Sonstiges
- Der Serie voraus ging eine Studienarbeit, in deren Rahmen zwei 16 und 17 Minuten lange Kurzfilme entstanden waren, die später als Folge 3 (Relativistische Effekte) und Folge 1 (Kosmische Kollegen) mit Änderungen neu verfilmt wurden. Die Kurzfilme wurden auf www.bildwerke-berlin.de zum Download angeboten.
- Im September 2013 wurden zwei Asteroiden nach der Serie benannt: (343000) Ijontichy und (343444) Halluzinelle.
Weblinks
- Ijon Tichy: Raumpilot bei IMDb
- Die offizielle Homepage der Sendung
- Ijon Tichy: Raumpilot bei Fernsehserien.de
Einzelnachweise



